Zweiter Quartalsbericht: Mit Widerstandsfähigkeit reagieren

Zweiter Quartalsbericht: Mit Widerstandsfähigkeit reagieren

Aug. 26

Viermal im Jahr veröffentlicht Oikocredit die neuesten Fakten und Zahlen zum vorangegangenen Quartal. In diesem Beitrag bieten wir unseren Anleger*innen und Interessierten zusätzliche Hintergrundinformationen zu den Entwicklungen im zweiten Quartal 2020.

Portfolio und Finanzen unter dem Einfluss von Covid-19

Die Auswirkungen des Coronavirus sind inzwischen weltweit zu beobachten. Menschen und Gemeinschaften mit geringem Einkommen sind besonders betroffen. Im zweiten Quartal 2020 erlebten Oikocredit und ihre Partnerorganisationen einen Teil der Wucht der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen. Dank rechtzeitiger und solider Vorbereitung im ersten Quartal und kontinuierlicher Beobachtung im zweiten Quartal konnten wir die Kontrolle über unsere Geschäftstätigkeit bewahren und unsere Partner weiterhin unterstützen.

Wir mussten jedoch unsere Erwartungen an die finanziellen Ergebnisse für das Jahr 2020 zurückschrauben. Folglich waren unser Entwicklungsfinanzierungsportfolio, unsere Erträge und unsere Bilanz davon betroffen. Das gesamte ausstehende Portfolio an Darlehen und Kapitalbeteiligungen ging im Laufe des Quartals um 6,9% auf 947,1 Millionen Euro zurück. Dies ist auf unsere Entscheidung zurückzuführen, uns auf die bestehenden Partner zu konzentrieren und zurückhaltend mit Refinanzierungen zu sein. Unser Nettozinsertrag verringerte sich entsprechend. Da wir auch bei unseren Anleihen einige Verluste erlitten, verzeichneten wir insgesamt einen Nettoverlust. Das Kapital der Anleger*innen ging leicht um 1,1% auf 1.139,7 Millionen Euro zurück. Der Nettoinventarwert pro Anteil verringerte sich von 213,30 auf 210,94 Euro, was auf den Rückgang der Erträge und die relativ stabile Zahl der im Umlauf befindlichen Anteile zurückzuführen ist.  

Insgesamt blieb die Portfolioqualität am Ende des zweiten Quartals stabil, wobei sich PAR 90 (der Prozentsatz des Kreditportfolios, dessen Zahlungen mindestens 90 Tage überfällig sind) geringfügig von 6,8% auf 6,7% verbesserte.

Risiko auf Märkten regional unterschiedlich

Regional gesehen war das Portfolio in Afrika weniger stark betroffen als in Asien, Lateinamerika und der Karibik. Indien, Indonesien, Mexiko und Ecuador waren am stärksten betroffen. Zur Entspannung der finanziellen Situation von 112 Partnern gewährten wir verlängerte Rückzahlungsfristen für ausstehende Darlehen, die 19 % unseres gesamten ausstehenden Darlehensportfolios ausmachen. Obwohl wir solche Partner weiterhin als nicht überfällig in ihren Rückzahlungen einstufen, sehen wir sie eher als gefährdet an als vor der Krise.   

Da die Auswirkungen von Covid-19 nun deutlicher zu Tage treten, hat Oikocredit im zweiten Quartal – trotz der relativ stabilen Leistung des Portfolios in Bezug auf PAR 90 – zunehmende Rückstellungen für Wertminderungen vorgenommen. Wir haben die finanziellen Leistungen unserer Partnerorganisationen und PAR noch genauer beobachtet und die Risiken auf allen Märkten regelmäßig neu bewertet. Das Quartalsergebnis entsprach unseren Erwartungen. Unsere Liquiditätsquote verbesserte sich von 21,1% auf 25,8%, da viele Partner ihre Darlehen weiterhin pünktlich zurückzahlen konnten.

Wir setzten die Darlehensvergabe an neue Partner aus, um die bestehenden besser zu unterstützen. Wir konnten trotz des Rückgangs unseres Portfolios und unserer Zinserträge eine stabile Investitionsbasis aufrechterhalten, da weniger Rückkaufanträge von Anleger*innen gestellt wurden als zu Beginn der Krise erwartet. Der regelmäßige Dialog mit den nationalen Oikocredit-Geschäftsstellen und den regionalen Förderkreisen über die Situation in ihren Ländern hat dazu beigetragen, unsere engen Verbindungen zu den Anleger*innen noch zu intensivieren. Wir halten unsere Anleger*innen kontinuierlich darüber auf dem Laufenden, was Oikocredit unternimmt, um die Folgen der Pandemie gut zu bewältigen.

Partner durch die Krise begleiten

Auch im zweiten Quartal haben wir unsere Unterstützung für Partnerorganisationen in unseren strategischen Regionen Afrika, Asien sowie Lateinamerika und der Karibik weiter angepasst. Neben der Gewährung von Zahlungsaufschiebungen haben wir die Kommunikation mit unseren Partnern intensiviert. Statt im Rahmen persönlicher Treffen haben wir regelmäßig telefonisch oder in Video-Konferenzen mit unseren Partnern gesprochen, um zu verstehen, wie sie von der Pandemie betroffen sind und wie wir angemessene Hilfe leisten können. Durch gezielte Fragen haben wir den jeweiligen Bedarf erhoben, sodass wir unsere Unterstützung individuell auf unsere Partner zuschneiden konnten.

Mit digitalen Seminaren, Workshops und Online-Treffen haben wir zu unterschiedlichen Themen Beratung angeboten: zu Geschäftskontinuität und Cashflow, Gesundheitsschutz und Sicherheit von Mitarbeiter*innen und Kund*innen, zum Verständnis der Auswirkungen auf die Kund*innen, zu Stresstests sowie zur Risiko- und Szenarienplanung. Darüber hinaus haben wir auch einen Austausch mit Führungskräften von Mikrofinanzinstitutionen angeboten, die über besondere Expertise im Umgang mit der Pandemie verfügen.

Wir haben unsere Beratungen und Schulungen, wie beispielsweise das Preisrisikomanagementprojekt zur Unterstützung lateinamerikanischer Kaffeekooperativen, so umgestaltet, dass sie ohne persönliche Treffen durchgeführt werden können. In Indien hat unsere Tochtergesellschaft Maanaveeya die Gestaltung einer Broschüre im Comic-Stil unterstützt, die bei Rollenspielen zur Förderung des Sicherheitsbewusstseins in Bezug auf Covid-19 für Mikrofinanzinstitutionen und ihre Kund*innen eingesetzt werden kann. Darüber hinaus haben wir eine Webseite mit Links zu relevanten Informationen und Ressourcen für Partner in der Krise eingerichtet.

Unsere Partnerorganisationen und ihre Kund*innen sind mitunter durch neue staatliche Vorschriften zu Abstand, Gesundheitsschutz und Hygiene unter Druck geraten, etwa durch eine vollständige oder teilweise Einschränkung von Mobilität und  Versammlungsmöglichkeiten. Hier haben wir über unseren Coronavirus-Solidaritätsfonds die finanzielle Unterstützung für besonders betroffene Partner und Kund*innen erhöht. Die Oikocredit International Support Foundation richtete den Solidaritätsfonds mit einer anfänglichen Summe von 25.000 Euro ein, die durch Beiträge der Oikocredit Stiftung Deutschland und Oikocredit Nederland aufgestockt wurde, sodass die im zweiten Quartal ausgezahlten Mittel 33.199 Euro erreichten. Der Solidaritätsfonds hat vielen Kleinst- und Kleinunternehmer*innen im informellen Sektor und in einkommensschwachen Gemeinden geholfen. Mit Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen sowie mit Zuschüssen für Sanitär- und Schutzmaterialien konnten sie ihre Geschäfte weiter betreiben und gleichzeitig sich und ihre Kund*innen vor Ansteckung schützen. Oikocredit hat die Ziele des Solidaritätsfonds dann auch erweitert auf Nothilfe für gefährdete Partner und ihre Kund*innen im Landwirtschaftssektor sowie im gesamten Bereich der finanziellen Inklusion.

Ausblick auf die Zukunft

Durch unsere konsolidierte Finanzlage und die einigermaßen stabile Geschäftssituation der meisten unserer Partner ist Oikocredit angesichts der Herausforderungen eines weiterhin unvorhersehbaren betrieblichen und wirtschaftlichen Umfelds gut aufgestellt. Wir werden die makroökonomische Situation in jedem Land, in dem wir arbeiten, kontinuierlich bewerten, um sowohl Risiken als auch potenzielle neue Chancen für die Zukunft zu erkennen. Wir werden uns weiterhin für unsere Partner engagieren und unsere organisatorische Resilienz, Reaktionsfähigkeit und Beweglichkeit kontinuierlich weiterentwickeln.

Das regionale, überregionale und auch zunehmend lokal ausgerichtete Angebot an Online-Seminaren, -Workshops und -Treffen für Partner setzen wir fort, um Führung, gegenseitiges Lernen und Solidarität weiter zu fördern. Gleichzeitig werden wir unsere Partner bei der Anpassung ihrer Geschäftsmodelle und der Entwicklung von Dienstleistungen und Produkten gezielt unterstützen, um den Bedürfnissen ihrer Kund*innen gerecht zu werden und sie besser durch die Krise zu begleiten.  

Die vor uns liegende Aufgabe ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Denn eine wirtschaftliche Erholung wird wahrscheinlich nur langsam eintreten, mögliche längerfristige negative Auswirkungen sind derzeit noch ungewiss. Derweil verbessern wir weiterhin unsere internen Kontrollen, überprüfen und optimieren unsere Systeme und unsere Effizienz und beziehen dabei die Lehren aus der ersten Jahreshälfte mit ein, damit wir wirksam auf die vor uns liegenden Aufgaben reagieren können. Auch wenn der Umfang unseres Portfolios und unserer Erträge für eine Weile zurückgeht und wir die vor der Krise definierten Wachstumsziele nicht erreichen, verfolgen wir weiterhin den Auftrag unserer internationalen Genossenschaft: dort zu unterstützen, wo wir benachteiligten Menschen eine bessere Zukunft ermöglichen können.

Weitere Fakten und Zahlen finden Sie zum Download hier.

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